Pressestatement Dr. Christian Ehler MdEP zur EP-Entschließung "Wettbewerbsfähigkeit"
Die EVP-Fraktion hat sich heute einer Entschließung des Europäischen Parlaments nicht angeschlossen, die sich vorgeblich mit der industriellen Wettbewerbsfähigkeit, dem Handel und Arbeitsplätzen befasst. Dazu erklärt der Brandenburger Europaabgeordnete Dr. Christian Ehler (CDU), industrie- und energiepolitischer Sprecher der EVP-Fraktion:
„Dieser Text geht einfach an den wirklichen Bedürfnissen der europäischen Industrie vorbei. Unsere industrielle Wettbewerbsfähigkeit wird nur dann gestärkt, wenn wir die richtigen Rahmenbedingungen für den Transformationsprozess der europäischen Wirtschaft in Richtung CO2-Neutralität schaffen. Zu lange wurde dies politisch vernachlässigt. Mit dem amerikanischen Inflation Reduction Act steht dies endlich wieder oben auf der politischen Tagesordnung, aber noch hat nicht jeder die dramatische Situation und die globalen Herausforderungen durch die Vereinigten Staaten und China verstanden. Der Green Deal muss eine Deal-Komponente bekommen. Regulierung reicht nicht, sonst ist Deindustrialisierung das Ergebnis. Ich möchte nicht, dass Europa zu einem post-industriellem Freilichtmuseum wird. Die heutige Entschließung hätte ein Weckruf des Europäischen Parlaments sein können, aber endet als bedeutungslose Übung.
Dies betrifft uns auch im Land Brandenburg. Besonders starke Wirtschaftszweige sind hier die Branchen Metallerzeugung und Metallverarbeitung, Kunststoffe und Chemie, Ernährungswirtschaft, Optik und Photonik und Verkehr/Mobilität/Logistik. In Brandenburg gibt es nahezu 1.200 Industriebetriebe (in der Kategorie „über 20 Beschäftige“). Insgesamt arbeiten über 100.000 Menschen in den Industrieunternehmen im Land. Hier sind auch zahlreiche international vernetzte Industrieunternehmen erfolgreich tätig. Mit den jüngsten Neuansiedlungen, zu denen Tesla in Grünheide und Rocktech in Guben gehören, ist der Industriestandort Brandenburg nochmals erheblich gestärkt worden. Auch viele kleine und mittelständische Unternehmen haben sich über die Landesgrenzen hinaus einen Namen gemacht. Knapp zwei Drittel aller Industriebetriebe in Brandenburg sind kleine und mittelständische Unternehmen mit maximal 50 Beschäftigten. Umfassende Investitionen haben dafür gesorgt, dass Standorte wie die chemische Industrie in Schwarzheide und die Stahlproduktion in Eisenhüttenstadt Marktstabilität erlangt haben. Mit ihren guten Produkten haben kleine, mittelständische und große Industrieunternehmen wesentlich dazu beigetragen, den Wirtschaftsstandort Brandenburg wettbewerbsfähig zu machen. Dies alles darf nicht aufs Spiel gesetzt werden.
Europa muss sich eindeutig zur Ratifizierung von Handelsabkommen verpflichten, braucht vereinfachte Entscheidungsprozesse für staatliche Beihilfen und beschleunigte Genehmigungsverfahren für Investitionen anstatt zusätzlicher Belastungen für die Unternehmen. Die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen und die Erleichterung des Handels sind unsere politischen DNA als Union und EVP. Genau deshalb konnten wir diesen Wischi-Waschi-Kompromiss der Ampel-Parteien nicht unterstützen. Es ist leider bedauernswert, dass die angeblich liberale Renew Europe Fraktion aufgrund nationaler Partikularinteressen ihre liberalen Ursprünge mehr und mehr vergisst. Wir hätten gerne heute einer gemeinsamen Resolution zugestimmt, aber in dieser Form war das nicht möglich.“
Hintergrund:
Am 1. Februar stellte die Europäische Kommission ihren Industrieplan Green Deal für das Netto-Null-Zeitalter vor, um die Entwicklung sauberer Technologien in der EU zu fördern und die strategische Autonomie der EU durch Verringerung ihrer Abhängigkeit von Drittländern zu sichern. Die heute angenommene Entschließung des Europäischen Parlaments ist die Reaktion auf diesen jüngsten Industrieplan der EU-Kommission.