Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist eines der stärksten Alleinstellungsmerkmale Europas und damit einer der schnellst wachsenden Industriezweige der europäischen Wirtschaft. Dieser Erfolg beruht darauf, dass dieser Sektor die Merkmale einer klassischen Industrie mit individueller Kreativität und Talent vereint. Mit dieser Verbindung erwirtschaftet die Kreativbranche ein großes intellektuelles, materielles und immaterielles Vermögen und beschützt darüber hinaus auch die europäische Identität, Kultur und Werte.
Die klassischen Konsumgütermärkte verändern sich radikal. Heutzutage sind Design, Lifestyle und Kreativität immer mehr die treibenden Kräfte für Wachstum. Die Digitalisierung in Verbindung mit der Kreativwirtschaft birgt ein weiteres unerkanntes Potential, denn 60%-70% der neuveröffentlichten digitalen Inhalte werden in Europa produziert. Mit einem Beitrag von mehr als 4% zum Gesamteuropäischen Bruttoinlandsprodukt und Beschäftigungszahlen jenseits der 7.6 Millionen Menschen bildet die Kultur- und Kreativwirtschaft eines der Rückgrate der Europäischen Wirtschaft. Die Kreativbranche ist durch diesen immensen Einfluss auf die europäische Wirtschaft ein Markt mit beispiellosen Möglichkeiten für die digitale Zukunft Europas und ist damit ein Herausstellungsmerkmal für die Europäische Wirtschaft im globalen Wettbewerb.
Die Europäische Union hat in der letzten Legislaturperiode zwischen 2014 und 2019 anerkannt, dass die europäische Kultur- und Kreativindustrie einer der großen und wichtigen Sektoren und Wirtschaftszweige unserer Zeit ist. Es ist vielen Akteuren gelungen, auf politischer Bühne den Kulturschaffenden und Kreativen Anerkennung und Gehör zu verschaffen. Dies spiegelt sich in vielen Maßnahmen, Strategiepapieren, Gesetzestexten und vor allem Förderprogrammen wider.
Seit meinem „BERICHT über eine kohärente Politik der EU für die Kultur- und Kreativwirtschaft“ von 2016 gibt es auf Europäischer Ebene eine gemeinsame Definition des gesamten Sektors. Wichtig war hier vor allem ein Bewusstsein innerhalb der Branchen zu kreieren, dass sie als Gesamtindustriezweig zu sehen sind. Aus dieser Definition und des erstmaligen Zusammenschlusses von vielen Bereichen der Kulturschaffenden und Kreativen sind auf meine Initiativen und in Zusammenarbeit mit Kollegen aus dem Europäischen Parlament weitere Vorhaben und Erfolge zu verbuchen gewesen.
So ist es gelungen, in der Industriestrategie der Europäischen Union die Kultur- und Kreativwirtschaft als festen Bestandteil und Sektor zu integrieren und als eines der 14 Ökosysteme der europäischen Wirtschaft zu etablieren. Des Weiteren hat sich durch die Urheberrechtsreform im April 2019 die Rechtslage deutlich verbessert: Das Europäische Parlament hat mit der Reform erreicht, dass die Plattformen, die ihre Geschäftsmodelle auf der Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Inhalten aufgebaut haben, für diese nun auch bezahlen müssen. Es gilt nun eine Lizenzpflicht, so dass die Rechteinhaber, nämlich die Künstler, auch fair für ihre Leistung entlohnt werden.
In dieser Legislaturperiode (2019 – 2024) konnte die Erfolgsgeschichte weitergeschrieben werden. So haben wir im Mehrjährigen Finanzrahmen für die Kreativwirtschaft mehrere Milliarden Euro europäischer Förderung bereitstellen können. Das Programm "Kreatives Europa" unterstützt mit fast 2,5 Milliarden Euro den Kultur- und audiovisuellen Sektor, zum Beispiel bei der Filmproduktion in den Babelsberger Studios. Ziel ist es, die europäische kulturelle und sprachliche Vielfalt und das europäische Kultur- und Spracherbe zu wahren, zu entwickeln und zu fördern. Darüber hinaus engagiert sich Europa zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und des wirtschaftlichen Potenzials des Kultur- und Kreativsektors, insbesondere des audiovisuellen Sektors.
Im EU-Forschungsrahmenprogramm "Horizont Europa" konnte ich als Berichterstatter des Parlaments knapp 2,4 Milliarden Euro für die Kultur- und Kreativwirtschaft und das kulturelle Erbe Europas erkämpfen. Mit diesen Mitteln können wir die Zusammenarbeit zwischen Kreativen und der konventionellen Industrie weiter stärken, um neue Ideen zur Bewältigung der Herausforderungen aus Klima- und digitalem Wandel entstehen zu lassen. Die Brandenburgische Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) ist als Kooperationspartner im internationalen Netzwerk des Clusters Kultur und Kreativität eines der führenden Mitglieder und bringt seine technische und innovative Expertise in die Kultur- und Kreativwirtschaft ein. Darüber hinaus heben wir mit der Europäischen Kulturerbe-Cloud, die auf meine Initiative im Forschungsrahmenprogramm verankert wurde, die Museen, Archive und Institute in das digitale Zeitalter, in der Zusammenarbeit länder- und sprachübergreifend stattfinden wird. Diese Cloud wird durch Horizont Europa komplett finanziert.
Die Kultur- und Kreativwirtschaft spielt in vielen Lebenslagen, oft auch unbewusst, eine wesentliche Rolle. So können Klimaschutz und Nachhaltigkeit nur gemeinsam mit der Kultur- und Kreativindustrie gedacht werden. Dies spiegelt sich auch in der Wichtigkeit und Integration der Branche im European Green Deal wider, da der Sektor auf der einen Seite deutlich seine Treibhausgasemissionen reduzieren muss, auf der anderen Seite aber als Vermittler und „Möglichmacher“ für die soziale und gesellschaftliche Transformation gesehen wird.
So ist durch die Initiative der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zum „New European Bauhaus“ die Kultur – und Kreativwirtschaft aktiv aufgerufen, den Green Deal Wirklichkeit werden zu lassen. Denn nur mit der Leistung dieser wichtigen Akteure wird es möglich sein, dass die Gesellschaft die tiefgreifenden Wandlungen, die für den Klimaschutz notwendig sind, akzeptiert und, mehr noch, verinnerlicht und weiter vorantreibt. Die Kreativen und Künstler Europas machen dies erst möglich, denn als eine gemeinsame, europäische Sprache verbindet die Kultur- und Kreativwirtschaft ganz Europa miteinander und zeigt uns immer wieder, dass ganz Europa unsere Heimat ist.
Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist bereits ein fester Bestandteil der Wirtschaft in Brandenburg. Über die oben genannten Förderprogramme auf Europäischer Ebene hinaus bietet Brandenburg allerdings eine Vielzahl an Förderungsmöglichkeiten für die Branche.
Das Portal Kreatives Brandenburg bietet hier einen guten Überblick über aktuelle Initiativen und dient als Informations- und Präsentationsplattform. Es ist Teil einer größeren Initiative des Ministeriums für Wirtschaft und Energie (MWE) und des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur (MWFK) des Landes Brandenburg. Erklärtes Ziel ist es, die Brandenburger Kulturlandschaft zu fördern und kreative Menschen in der Region zusammenzubringen. Das Projekt ist dabei an mehreren Standorten in Potsdam und Oranienburg vertreten und wird unter anderem durch den Europäischen Sozialfond (ESF) gefördert.
Ein weiteres Förderinstrument stellt der Masterplan IKT, Medien- und Kreativwirtschaft Berlin/Brandenburg 2020 dar. Unter dem Kürzel IMK sind hier die Branchengruppen Informations- und Kommunikationstechnologie und Medien und Kreativwirtschaft in einem Cluster in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg zusammengefasst. Als Top-Standort zählte dieses Cluster im Jahre 2017 39.900 umsatzsteuerpflichtige Unternehmen, einen Umsatz von rund 38 Mrd. Euro und etwas 215.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte. Zählt man freie und geringfügig Beschäftigte Mitarbeiter hinzu, so kann von etwa 332.000 Erwerbstätigen ausgegangen werden. Gefördert wird das Cluster vor allem durch Mittel aus dem Europäischen Fond für Regionale Entwicklung (EFRE).
Gerade gegründete und junge Unternehmen können außerdem den sog. Mikrokredit Brandenburg (2000 – 25.000€) beantragen. Dieser wird von der ILB Investitionsbank Brandenburg und der IHK Brandenburg mit Unterstützung durch den Europäischen Fond für Regionale Entwicklung angeboten. Zudem verleiht das Ministerium für Wirtschaft und Energie alle zwei Jahre den Designpreis Brandenburg. Hierbei handelt es sich um einen Branchenwettbewerb, der die Vielfalt und das Potenzial der Designbranche präsentiert und über die Landesgrenzen hinaus sichtbarer macht.
Weitere Initiativen in Brandenburg sind das Programm Gründung Innovativ, der Brandenburgische Innovationsgutschein (BIG) und ProFIT. Auch Deutschlandweit bestehen eine Vielzahl an Förderungsmöglichkeiten, so stehen Gründer:innen z.B. der German Motion Picture Fund und das Portal www.kultur-kreativ-wirtschaft.de zur Verfügung.