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Sajikumar Karunakaran, I.T.ler im Europäischen Parlament

Verbindungen schaffen Ich erwische Sajikumar Karunakaran, 45, eine halbe Stunde vor den Abstimmungen im Plenum. Wenn im Europäischen Parlament gewählt wird, hat der gebürtige Düsseldorfer viel zu tun. Er arbeitet nämlich im IT Support. Am Telefon erzählt er mir von seinem Leben. Sajikumar „Saji“ Karunakaran ist in einem indischen Auswandererhaushalt in Düsseldorf aufgewachsen. Nach seinem […]

Jul 6, 2021

Verbindungen schaffen

Ich erwische Sajikumar Karunakaran, 45, eine halbe Stunde vor den Abstimmungen im Plenum. Wenn im Europäischen Parlament gewählt wird, hat der gebürtige Düsseldorfer viel zu tun. Er arbeitet nämlich im IT Support. Am Telefon erzählt er mir von seinem Leben.

Sajikumar „Saji“ Karunakaran ist in einem indischen Auswandererhaushalt in Düsseldorf aufgewachsen. Nach seinem Abitur trat er ein Medizinstudium an der Universität Düsseldorf an. Aber bereits während des Studiums zog es ihn in andere Länder: Er absolvierte Auslandssemester in Spanien, Indien und den Vereinigten Staaten. In Spanien lernte er dann seine Freundin kennen, die in Belgien studieren wollte. Die Liebe führte ihn nach Belgien.

In Mechelen dauerte es jedoch einige Zeit, um sein Medizinerdiplom zu modifizieren. In der Zwischenzeit wollte Sajikumar arbeiten. Er suchte sich also einen Job bei HP und wurde dort zum ITler ausgebildet. Auf HP folgten Hertel, Canon, und schließlich das Europaparlament. Saji Karunakaran kümmert sich um die IT der Europaabgeordneten, deren Assistenten und sogar der Praktikanten. Seine Einheit, der MEP IT Support, regelt alles vom Computer-Desktop bis hin zu den Wahlen.

Saji Karunakan beantwortet meine Fragen in seiner direkten und bescheidenen Art. Der Mann, der seinen eignen Geburtstag nicht feiert, mag es am liebsten, die Abgeordneten bei den Abstimmungen im Plenum zu unterstützen. Dort sind die Zeitfenster eng und er muss schnell arbeiten, doch es gefällt ihm, den Abgeordneten zu helfen, ihre Tätigkeiten noch effizienter auszuführen. Allerdings überlässt Saji Karunakaran die Politik lieber den Politikern. Er versteht sich gut mit seinen Kollegen und trifft sich gerne ab und zu mit ihnen auf einen Kaffee. Den braucht er auch, denn als ITler kann es schon mal vorkommen, dass er elf bis zwölf Stunden arbeiten muss.

Um Ausgleich zu finden, betreibt Sajikumar Sport. Er läuft, er schwimmt, er fliegt. Im Parlament gibt es sogar ein Fitnessstudio, verrät er mir. Dieses sei aber leider während der Pandemie größtenteils geschlossen. Apropos Corona: Auf der Arbeit trägt Saji Karunakaran seine Maske, desinfiziert sich die Hände und achtet auf Abstand. Für ihn ist das selbstverständlich, meint er, denn er repräsentiere ja nicht nur das IT-Department, sondern das gesamte Parlament. Im EP müsse man schließlich mit gutem Beispiel vorangehen.

Sajikumar kann sich gut vorstellen, langfristig in Brüssel zu bleiben. Er spricht zehn Sprachen und Kommunikation ist ihm wichtig. „Sprachen öffnen Türen“, meint er. Seiner Meinung nach sind Menschen in der eignen Sprache immer komfortabler. Er findet es gut, dass im Parlament, in dem offiziell 24 Sprachen gesprochen werden, jede Sprache respektiert wird. Es mache da keinen Unterschied, wie verbreitet die Sprache sei.

Auf die Frage, was Europa für ihn bedeute, antwortet Saji Karunakaran, dass es ein Luxus sei, hier zu leben. Er kennt die Kehrseite aus Indien. Seine Eltern stammen ursprünglich aus Tamil Nadu, wo die Privilegien, die hier normal sind, hart erkämpft werden müssen. Wo wir schon gerade vom Rest der Welt sprechen, erzählt er mir gleich noch, dass in Belgien über 170 Nationalitäten vertreten sind. Gerade in Brüssel leben Leute verschiedener Nationalitäten mit verschiedenen Sprachen und verschiedenen Bräuchen miteinander.

Schließlich fasst Saji Karunakaran das Phänomen Brüssel nochmal in seinen eigenen Worten zusammen: „Brüssel ist die Hauptstadt von Europa. Das merkt man hier schon, wenn man aus dem Gebäude rausgeht, dass es ziemlich egal ist, was für Klamotten man trägt, welche Hautfarbe man hat, oder welche Sprache man spricht. Man kommt trotzdem irgendwie miteinander aus. Und in meinen Augen ist das nicht selbstverständlich.“
Vielen Dank für das Interview.

Marie van der Werf, Berlin im Juni 2021