Europa ist seine Botschaft
Man muss Axel Heyer nicht sehen, damit der Funke überspringt. Inmitten der COVID-19 Pandemie bringt mich Axel Heyer, „53einhalb,“ mit seiner angenehm tiefen Stimme schon nach drei Sekunden mit einer „kölschen“ Redewendung zum Schmunzeln. Am Telefon erzählt er mir von seinem Leben.
Als echter Kölner beschäftigte sich der gelernte Kaufmann während seines Studiums an der Universität Köln mit Politik, Geschichte und Französisch. Den Schwerpunkt legte er auf Europapolitik. Direkt nach dem Abschluss stieg er dann bei einer Internetagentur ein und kam über diesen „Umweg“ 1998 zu Politik Digital. Bei diesem Projekt, das die politische Bedeutung des Internets erforschte, kümmerte Heyer sich um die europäische Dimension. Er konzentrierte sich auf die Geschehnisse in Brüssel und entwickelte „ein Dschungelbuch“, das normalen Bürgern die komplexen Vorgänge Europas nahelegen sollte. Das Projekt wurde unter anderem mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Axel Heyer zog es allerdings schon bald in die Hauptstadt Europas: Als er 2002 nach Brüssel ging, hatte er „keine Rückfahrkarte gekauft“.
In Brüssel erforschte Axel Heyer dann die Websites der Abgeordneten und schloss persönliche Kontakte, die seiner journalistischen Arbeit eine solide Grundlage verliehen. Als es ein entsprechendes Angebot gab, wechselte er ins Europaparlament, wo er acht Jahre lang als Pressesprecher für die liberale Fraktion tätig war.
All diese Erfahrungen machen Axel Heyer zum idealen Mitarbeiter für den deutschsprachigen Besucherdienst des Europäischen Parlaments. Der Job erfordert tagespolitische Kenntnisse, ein selbstbewusstes Auftreten und viel Humor. In Zeiten von Corona hat Axel Heyer die Führungen auf digitale Plattformen verlegt und begegnet Herausforderungen wie dunklen Bildschirmen mit der pragmatischen Resolution: „Ein Nachrichtensprecher sieht sein Publikum ja auch nicht“.
Auf die Frage nach seinen Kontakten zu Abgeordneten antwortet Heyer, dass er als Kölner gerne redet. Über Fußball zum Beispiel. Er ist langjähriger Fan des 1. FC Köln und spielt selbst schon seit seiner Kindheit. Auch in Brüssel? Ja. Auf seine bodenständig-humorvolle Weise eröffnet mir Axel Heyer die Welt des Brüsseler Fußballs, dominiert von Teams wie der deutschen La Mannschaft oder dem EU-Verein 1. FC Dynamo Subsi, welcher nach dem Subsidiaritätsprinzip benannt ist.
Wer Axel Heyer reden hört, der möchte nach Brüssel reisen. „Viele Leute erzählen mir, dass sie von Brüssel positiv überrascht sind. Als Europa-Hauptstadt lasten der Stadt einige trockene Klischees auf, aber hier geht es lebhaft zu“, findet er. Besonders mag er das bunte Sprachgeschehen. Ein Mann, der sechs Sprachen spricht, sieht Brüssel als „ein tolles Experimentierfeld, weil man eben immer Leute findet, mit denen man eine Sprache dann auch tatsächlich sprechen kann – entweder, weil man es muss, oder weil es Spaß macht“.
Axel Heyer ist der geborene Kommunikator und Europa ist seine Botschaft. Er sieht die Abgeordneten als Brückenbauer zwischen den Bürgern und den EU-Institutionen. Und auch er trägt seinen Teil bei: Täglich erklärt Axel Heyer zahlreichen Besuchern die komplexen Prozesse des Parlaments. Letztes Jahr hat er sogar eine Akademie für den Besucherdienst gegründet, um die Vorträge seiner Mitarbeiter gemeinsam zu evaluieren und zu verbessern. Einmal in der Woche treffen sie sich, diskutieren die aktuelle politische Lage in ihren Ländern und arbeiten an ihrem komödiantischen Repertoire. Ähnlich wie die Abgeordneten, verbindet also auch Axel Heyer die Bürger mit der EU.
Vielen Dank für das Interview.
Marie van der Werf, Berlin im Juni 2021